Aktion Multiple Sklerose Erkrankter (AMSEL) stellt sich vor.
Im Alter von 27 Jahren versagten bei der Sport- und Fitnesskauffrau Carolin Flechner plötzlich die Beine und eine bleierne Müdigkeit bremste die voll im Leben stehende Mutter einer fünfjährigen Tochter aus. Im Krankenhaus erhielt sie die Diagnose Multiple Sklerose (MS), eine chronisch-entzündliche Erkrankung des Zentralen Nervensystems. Zunächst fehlten weitergehende Informationen, die junge Frau fühlte sich »wie im luftleeren Raum«.
23 Jahre alt, Vollzeit als Erzieherin beschäftigt, war Jessica Schmitt, als bei ihr die Krankheit diagnostiziert wurde.
Die Heidelbergerinnen berichteten eindrucksvoll, wie sie es schafften, nach und nach die Krankheit zu verstehen und in ihr Leben zu integrieren. Heute – fast 20 Jahre nach der Diagnose – geht es beiden gut. Dabei helfen die Medikamente, die inzwischen bedarfsgerecht angepasst werden können. Genauso wichtig ist aber, dass die Betroffenen gelernt haben, das eigene Befinden stärker zu gewichten und achtsamer mit sich umzugehen. Beide sind inzwischen berentet, so dass sie Freiräume haben, die es ermöglichen, auf die täglichen Bedürfnisse zu reagieren. Denn die Krankheit hat zwar an Schrecken verloren, aber sie ist noch da und wirkt sich immer wieder einschränkend aus.
Man sieht es einer nicht an
Dass sie äußerlich so blendend dastehen und man ihnen die Krankheit nicht ansieht, verführt manchen zu kritischen Bemerkungen, wie »Wieso bist du berentet?«. Solchen Vorurteilen begegnen die beiden inzwischen souverän. Seit etlichen Jahren sind sie in der Selbsthilfe aktiv, Carolin Flechner ist Sprecherin der Regionalen Arbeitsgemeinschaft der Selbsthilfegruppen und Jessica Schmitt leitet die junge Initiativgruppe der AMSEL Heidelberg. Neben dem Austausch sind stets auch die Informationen zum Umgang mit der Krankheit, insbesondere für Neu-Betroffene wertvoll. Dazu gehört auch das Weitergeben von eigenen Erfahrungen, z. B. die, dass Stress als Trigger für Schübe gilt und von daher ein »Funktionieren« ohne Rücksicht auf das eigene Wohlbefinden die Krankheitssymptome verstärken kann.
250.000 Betroffene von MS gibt es in Deutschland, der überwiegende Teil davon (ca. 70 Prozent) sind Frauen.
Um den spezifischen Erfordernissen im Umgang mit der Krankheit gerechter werden zu können, wäre für Carolin Flechner ein Ausbau der Vernetzung der unterschiedlichen Fachleute für MS erstrebenswert und Jessica Schmitt wünscht sich mehr Aufklärung über MS und eine größere Toleranz im Umgang mit Betroffenen.