Vortrag von Dr. Stephanie Baas und anschließendes Podiumsgespräch mit Aktiven aus der Selbsthilfe, 15.06.2023
Auch wenn der Begriff „Zöliakie“ und das Lable „glutenfrei“ uns heute nahezu überall begegnen, wird die Autoimmunerkrankung noch zu oft übersehen. Das hängt mit den vielfältigen Erscheinungsformen zusammen, die die Zöliakie annehmen kann, erläutert Dr. Stephanie Baas. Die Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin ist medizinische Beraterin der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft DZG e.V. und leistet seit über 20 Jahren Aufklärungsarbeit in der Selbsthilfe. Im Volksmund oftmals als Glutenunverträglichkeit bezeichnet, ist Zöliakie aber eine autoimmune Reaktion, ausgelöst durch die Zufuhr von glutenhaltigen Lebensmitteln bei genetisch prädisponierten Personen. Diese führt zu Entzündung und Veränderung der Dünndarmschleimhaut, was langfristig einen Nährstoffmangel nach sich zieht. Magen-Darm-Beschwerden, Kopfschmerzen, Depression, Knochenschmerzen sind nur einige der wenigen möglichen Symptome des Chamäleons Zöliakie. „Welcher Arzt denkt bei Unfruchtbarkeit gleich an Zöliakie?“ räumt Dr. Bass ein. Sie ermutigt die Zuhörer sich selbst, ihr Umfeld und auch ihren Hausarzt über Erscheinungsformen und Diagnostik von Zöliakie zu informieren – die DZG stellt hierfür vielfältiges Material zur Verfügung. Auf keinen Fall soll jedoch bei einem bloßen Zöliakie-Verdacht schon auf glutenfreie Ernährung umgestellt werden. Die notwendige sichere Diagnose – ein „Puzzle“ aus Symptomen, Bluttests und Biopsie – ist dann nicht mehr möglich.
Im Podiumsgespräch mit zwei Aktiven aus der Selbsthilfe und Beiträgen aus dem Publikum wird sehr anschaulich, wie die Ernährungsumstellung gelingen kann – auch im Zusammenleben betroffener und nicht betroffener Familienmitglieder: es wird mehr frisch gekocht und auf Fertiggerichte verzichtet, Ersatzprodukte werden geschmacklich ausprobiert, Kuchenbacken gelingt glutenfrei und eine gefüllte Tupperdose ist bei jedem Ausflug dabei.
Glutenfrei für alle ist nicht die Lösung! Aber man kann viel tun, um Betroffene zu unterstützen. Zöliakie ernst zu nehmen und bekannt zu machen hilft, eine gute Versorgung zu erreichen. So dass „Zölis“ irgendwann auch in Restaurants und auf Events an leckerem Essen teilhaben können.