Erzählcafé-15-06-2023

Jede hat eine andere Geschichte

Sklerodermie Selbsthilfe e.V. Heidelberg stellt sich vor.

Eher zufällig entdeckt wurde die Krankheit bei der Heidelbergerin Susanne Klaiber. Beruflich ausgebrannt, überfiel die gelernte Kinderkrankenschwester, die in der Transplantationsmedizin eine berufliche Stellung mit hoher Verantwortung innehatte, eine Fatigue. Extreme Schmerzen in den Händen und weiße Finger führten zum Orthopäden, der sie zum Rheumatologen schickte, wo die Diagnose Sklerodermie gestellt wurde. Dort wurde ihr auch die Selbsthilfe empfohlen.

Ganz anders verlief die Krankheit bei Swantje Arndt. Nach einer Schilddrüsenoperation waren beide Stimmbänder gelähmt und sie musste mühsam wieder sprechen lernen. Unspezifische grippeähnliche Symptome kamen hinzu. Eine jahrelange Ärzteodysse begann, die in »Bewerbungen« als Patientin bei auf seltene Krankheiten spezialisierte Unikliniken mündete, bis die Freiburgerin schließlich in Lübeck ihre Diagnose »Systemische Sklerodermie« (eine Form, die auch die Organe befällt) erhielt. Von dem, was sie über die Krankheit im Internet erfuhr, war sie »erschrocken«. Bald wandte sie sich an den Selbsthilfeverein in ihrem Wohnort und erlebte dort, wie Menschen mit der Krankheit umgingen und lebten. Acht Jahre probierte sie verschiedene Medikamente aus. Inzwischen hat sie passende gefunden, die jedoch nicht zugelassen sind und deren Kostenübernahme daher jedes Jahr neu in einer umständlichen Prozedur bei der Krankenkasse beantragt werden muss. Der »aggressive Krankheitsverlauf« zwang die studierte Historikerin und Germanistin, ihren geplanten Berufsweg abzubrechen. Ehrenamtlich arbeitet sie heute im Bundesvorstand des Selbsthilfevereins und vertritt ihn in der Rheuma-Liga, zu dem er gehört.

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Auch Susanne Klaiber konnte ihre anspruchsvolle Tätigkeit nicht mehr ausüben. Heute kommt sie ohne Medikamente aus und arbeitet in Teilzeit und hoch zufrieden in der Geschäftsstelle des Bundesverbandes der Sklerodermie Selbsthilfe in Heilbronn. Dort ist sie Kontaktperson für die 25 Regionalgruppen und berät Hilfesuchende am Telefon.

Sklerodermie – eine Verhärtung des Bindegewebes – ist eine seltene Krankheit und zählt als entzündliche rheumatische Erkrankung zu der Gruppe der Kollagenosen. In Europa ist etwa eine von 6.500 Personen betroffen, Frauen trifft die Krankheit erheblich häufiger (nach Schätzungen viermal bis achtmal öfters als Männer). Eine kausale oder heilende Therapie existiert nicht. Allerdings können therapeutische Maßnahmen – individuell und auf die Krankheitsform (systemisch oder lokal) abgestimmt – den Krankheitsverlauf mildern. Dabei sind Veränderungen des Lebensstils, wie »zur Ruhe kommen«, eine andere Ernährung, Bewegung oder Maßnahmen gegen Kälte genauso zu nennen, wie Medikamente zur Immunsuppression.

Beide Frauen betonen, wie notwendig es wäre, der Rheumatologie im Medizinstudium einen gewichtigeren Platz einzuräumen. Rheumatologen sind in Deutschland Mangelware und solche, die sich mit den selteneren Unterformen auskennen, erst recht. Umso wichtiger ist die Selbsthilfe, die den im Medizinsystem oft allein gelassenen Betroffenen eine kompetente Anlaufstelle bietet, die nicht nur sachlich informiert, sondern auch soziale und emotionale Unterstützung gibt.

Und das emotionale Hin und Her zwischen Verzweifeln an der Krankheit und kämpferischem »Jetzt erst recht!« machte Swantje Arndt zum Abschluss des Gesprächs mit ihrer Kurzgeschichte »Eine Krankheit namens Barbara« höchst lebendig nachfühlbar.