Selbsthilfegruppen »Trans* und ich« und »Transtreff« stellen sich vor.
Sehr groß sei der Anpassungsdruck in ihrer »ersten Lebensphase« gewesen, schildert Yara (Name geändert) die Zeit vor ihrem Coming-Out. In dem kleinen Ort im Odenwald, in dem sie als Junge aufgewachsen war, hatte ihr Problem noch keinen Namen. Als junger Erwachsener stürzt er sich in Arbeit und übernimmt schließlich Führungspositionen. Privat lebt sie seit 2006 als Frau, doch erst nach dem Umzug nach Mannheim und in der Corona-Zeit, wo sie mehr zum Nachdenken kommt, traut sie sich, ihrem Empfinden auch öffentlich nachzugeben. Sie macht eine Hormontherapie und beginnt dann »in kleinen Schnitten« die Geschlechtsangleichung, die noch nicht abgeschlossen ist. Mit jeder Maßnahme sei sie glücklicher geworden, berichtet die 43-Jährige. Während ihr privates Umfeld »überraschend positiv reagiert«, stößt sie bei Mitarbeiter*innen auf Ressentiments und gibt die neue Stelle auf und sich selbst die nötige Zeit, um mit den Veränderungen klar zu kommen. Dabei hilft ihr auch der Transtreff, die Selbsthilfegruppe für Trans*-Menschen und ihre Angehörigen. In der sehr heterogenen Gruppe mit einem großen Einzugsgebiet treffen sich zwei Mal im Monat Menschen im Alter von unter zwanzig bis über 70.
»Ein Tag, der herbeigesehnt wird«
Ilka Kaufmann ist als männliches Kind in Mannheim groß geworden. Der Junge versucht, der Rolle zu entsprechen. In der Pubertät hadert er mit Stimmbruch und Bartwuchs und spürt: Irgendwas stimmt nicht. Lange Zeit stürzt er sich in Männerdomänen. Er geht zur Bundeswehr, verlängert freiwillig und ist glühender Fußballfan. Die Zweifel bleiben. Ihr »inneres Coming-Out« hat Ilka Kaufmann im Alter von 30. Fünf Jahre später fasst sie den Entschluss, ganz Frau zu werden. Von ihrem Vorgesetzten bekommt sie den Rückhalt, den sie braucht, doch die Angehörigen trifft es wie ein Schock. Umso wichtiger ist es, sich mit anderen auszutauschen. Nach ihrem Coming-Out schließt sich Ilka Kaufmann dem Transtreff an. Sie durchläuft das aufwändige Antragsverfahren und lässt 2019 den geschlechtsangleichenden Eingriff machen – eine schwere Operation, der heftige Schmerzen folgen.
Doch es ist auch »ein Tag der herbei gesehnt wird«. Dennoch ist es ein steiniger Weg. Man verabschiedet sich in eine Randgruppe« und es kommt zu Ausgrenzung, berichtet Ilka Kaufmann. Umso wichtiger ist es ihr, etwas dafür zu tun, damit es andere leichter haben. So engagiert sie sich im queeren Zentrum (in G7) und übernimmt Verantwortung beim Trans-Treff. 2022 gründet sie die Selbsthilfegruppe Trans* und ich, die sich vor allem an Eltern, Partner*innen, Angehörige und Zugehörige von Transpersonen richtet. Mindestens 0,6 Prozent der Bevölkerung sind Transpersonen, doch es wird wenig geforscht, belastbare Studien fehlen. Ilka Kaufmann ist die Aufklärung ein Herzensanliegen. Neben ihrem Fulltimejob hält sie Vorträge und bietet Workshops an unter anderem in Schulen. Sie wünscht sich, dass das Wissen über geschlechtliche Vielfalt mehr Verbreitung in der Bevölkerung findet, z. B. durch Eingang in die Lehrpläne.