Ecafe-Barrierefreiheit

Barrierefreiheit

»Wir müssen uns einsetzen, sonst geht gar nichts. «

Ecafé-31-08-2023

Bis zum 20. Lebensjahr war Karlheinz Schneider normalsehend. Durch eine Augenkrankheit büßte er die Sehkraft bis auf 10 Prozent ein. 2004 schließlich verlor er auch seinen Sehrest und ist seither blind. »Der Verlust ist schmerzlich«, erzählt er offen, aber er habe immer noch die Bilder von all dem im Kopf, was er einst sehen konnte und gesehen hat, z. B. den Grand Canyon oder das Meer und den Strand. Er hat gelernt, mit dem Verlust umzugehen und lebt nach der Devise: »Wie mache ich aus dem, was noch geht, das Beste«. Seit fast 20 Jahren ist er Vorsitzender des Badischen Blinden- und Sehbehindertenvereins V. M. K. (BBSV), der ganz Nordbaden abdeckt. In dieser Funktion ist er nicht nur als Berater gefragt, sondern auch als Interessensvertreter gegenüber der Politik, der stetig im Einsatz ist für Verbesserungen im Bereich öffentlicher Infrastruktur oder für die Einhaltung der Normen für Barrierefreiheit. »Wir müssen uns einsetzen, sonst geht gar nichts«, ist seine Erfahrung.

ECafé-31.08.23

Elke Campioni ist mit ihrer Behinderung aufgewachsen. Laufen konnte sie nie. Aber ihre Eltern sorgten dafür, dass sie beschult wurde, was vor 60 Jahren keineswegs selbstverständlich war, zumal sie in einer ländlichen Gegend groß wurde. Als Erwachsene zog sie nach Mannheim, auch weil sie die im Vergleich zum ländlichen Raum deutlich bessere öffentliche Infrastruktur schätzte. Seit 2001 engagiert sie sich in der Arbeitsgemeinschaft Barrierefreiheit Rhein-Neckar e. V. (AGB) und ist seit etlichen Jahren deren Vorsitzende. Auf zahlreiche Erfolge kann die AGB zurückblicken. So wurde z. B. bei der Stadt die Stelle einer Behindertenbeauftragten geschaffen, mit der der Verein sehr gut zusammenarbeitet. Man schätzt von städtischer Seite die Kompetenz der AGB und bindet deren Vertreter:innen bei Planungen mit ein. Dennoch bleiben eine Reihe von Forderungen, die noch nicht umgesetzt sind. So sind die Busse nicht barrierefrei oder nun auf der Bundesgartenschau die Toiletten »eine Katastrophe«, wie Elke Campioni berichtet.

Auch Karlheinz Schneider nennt etliche Schwachstellen, beispielsweise fehlende akkustische Signale an Ampeln im sogenannten »Altbestand« an vielbefahrenen Straßen wie Neckarauer Straße und Augusta-Anlage. Auf der Bundesgartenschau vermisst er einen taktilen Plan. Hilfreich sind für ihn die technischen Hilfsmittel im digitalen Bereich, die allerdings nicht von allen Menschen so genutzt werden können, wie es wünschenswert wäre. Sowohl Elke Campioni wie Karlheinz Schneider betonen, wie wichtig der persönliche Kontakt und Austausch in der Gruppe aber auch mit Menschen im Alltag für sie ist und gerne nehmen sie unaufdringlich angebotene Hilfe an.

» … damit jeder Mensch so sein kann, wie er ist. «

Ecafé-ParcourseUnd beide unterstreichen, dass es noch besser wäre, wenn erst gar keine Barrieren aufgebaut würden, statt sie hinterher abzubauen. So sollten Teilhabe und Inklusion eine schlichte Selbstverständlichkeit sein, die nicht mehr eingefordert werden müssen. Ein dringender Wunsch wäre generell mehr Achtsamkeit und Rücksicht aufeinander, »damit jeder Mensch so sein kann wie er ist. «