Ecafé-24-08.23-3

Voraussetzung ist, dass ich will.

Dass es möglich ist, auf Dauer abstinent zu leben, beweisen Menschen wie Klaus Querbach, der seit Jahrzehnten trocken ist. Während einer Therapie wurde er auf den Kreuzbund, der Helfergemeinschaft für Suchtkranke und Angehörige, aufmerksam, schloss sich der Selbsthilfegruppe an, blieb dabei und hilft nun anderen, von ihrer Sucht wegzukommen. Eindrucksvoll schildert er, wie positiv sich sein Leben veränderte, nachdem es ihm möglich war, den Fokus weg vom Suchtmittel hin zu seiner Umgebung und auf die Menschen darin zu richten. Er betont aber auch, wie wichtig es für ein abstinentes Leben ist, es selbst zu wollen. Heute ist er Sprecher der Kreuzbundgruppen Heidelberg. Gaby Weiser ist als Ehefrau eines Alkoholkranken zur Frauengruppe im Kreuzbund Heidelberg gestoßen. Sie genießt es, im Kreise von Frauen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, offen über die ihren zu erzählen. Die Selbsthilfegruppe ist für sie wie eine Familie und dort hat sie gelernt, »nach mir zu gucken«.

»Die Selbsthilfegruppe ist wie eine Familie.«

Ecafé-24-08.23-1Ute und Ulrich von der Selbsthilfegruppe Erwachsene Kinder von suchtkranken Eltern und Erzieherinnen und Erziehern (EKS) berichten, wie es für sie war, mit einem suchtkranken Familienmitglied aufzuwachsen. Utes Vater war LKW-Fahrer. Sie sah zwar die vielen Bierflaschen, die er in seine Aktentasche packte, wenn er auf Tour ging, geredet wurde in der Familie über das Thema nicht. Erst als Erwachsene wurde ihr bewusst, wie stark sich die Alkoholkrankheit des Vaters auf ihr eigenes Leben ausgewirkt hat und noch auswirkt. Auch Ulrich hatte als Kind seine »dysfunktionale« Familie nicht realisiert. Als Ältester wurde er in die Verantwortung genommen und musste funktionieren. »Als Kind schon erwachsen, als Erwachsene noch Kind«, beschreiben die beiden ihre Situation. In der festen Gruppe, die nach dem 12 Punkte-Programm und anonym arbeitet, ist in den wöchentlichen bis 14-tägigen Meetings Raum, »so zu sein, wie ich bin«.

 

»In Gesellschaft offener mit Suchtkrankheit umgehen«

Ecafé-24-08.23-2

Alle vier Gesprächsteilnehmer:innen wünschen sich mehr Offenheit im Umgang mit Suchtkrankheiten. Das betrifft nicht nur die Abhängigkeit von Alkohol und den illegalen Drogen, sondern ebenso die Spielsucht oder das gestörte Essverhalten, um nur zwei der vielen weiteren Süchte zu nennen. Besonders wichtig ist die Offenheit in den Familien, wo die Angehörigen ganz direkt mit der Abhängigkeit ihres Familienmitglieds konfrontiert sind. Ute wünscht sich, dass man diesbezüglich mehr die Augen offen hält und vor allem liebevoller mit Kindern umgeht. Für Ulrich wäre ein ehrlicher Austausch mit anderen über solche Probleme wichtig, statt sie zu verschweigen, wie es oft noch passiert. Das wünscht sich auch Gaby Weiser, die generell für einen offeneren Umgang mit Sucht in der Gesellschaft plädiert. Und Klaus Querbach ist es ein Anliegen, dass Sucht als Krankheit akzeptiert wird und man versucht, gemeinsam mit den Angehörigen aus der Sucht rauszukommen.

 

Text: Dr. Ulrike Thomas