Die „Schönheit der BUGA“ – und was sie mit Depressionserkrankungen zu tun hat.

Am 7. September freuten sich zahlreiche Gäste auf die Lesung „sonnengrau: Ich habe Depressionen – na und?! Eine Betroffene erzählt“ mit Tanja Salkowski. Wegen eines Trauerfalls in der nahen Familie musste die Autorin aber auf den Besuch der BUGA verzichten. Bravourös löste Dr. Ulrike Thomas, die als Moderatorin mitwirkte, die Situation und trug gekonnt mehrere Passagen aus dem Buch vor. Nach jeder Passage diskutierte sie darüber mit Stefanie L. und Bianca Beyer von der Selbsthilfegruppe Angehörige von Menschen mit Depressionen und Birgit Gehlert und Michaela Hailand vom Fibromyalgietreff Mannheim.

Der erste Besuch bei einer Psychotherapeutin wurde von Tanja Salkowski anschaulich geschildert: ihre Gedanken, die Befangenheit in einer neuen und fremden Situation, die Notwendigkeit, über sich zu erzählen und das eigentlich nicht zu wollen, es aber dann doch zu tun.

Bianca Beyer berichtet, wie schwer es für sie als Angehörige war, ihren Mann so krank zu erleben. Er hatte die Depressionen kurz nach seinem Eintritt in die Rente bekommen, „weil er sich zu nichts mehr nutze“ fühlte. Sie begleitete ihn 9 Jahre, besonders die Tatsache, dass sie ihn kein einziges Mal mehr habe lachen gesehen, war schwer für sie. Beim ersten Besuch der Selbsthilfegruppe war sie erleichtert, denn sie fand ein Netzwerk, das sie auffing.

Stefanie L. berichtet darüber, dass sie in ihrer Familie nicht über die Erkrankung ihres Lebensgefährten sprechen konnte, was die Situation für sie noch schwerer machte. Birgit Gehlert fand zwar Gehör in der Familie, wenn sie über ihre Depressionserkrankung sprach, aber ihr Sohn verstand nie, wie es ihr ging. Seitens der Behörden gab es kein Verständnis, sie wurde in eine kaufmännische Ausbildung gedrängt, die nichts für sie war.  Seit Jahren ist sie wegen der Depressionserkrankung berentet. Kraft findet sie durch ihren Glauben und ein tragfähiges Netz von Freunden.

Michaela Hailand holte sich Hilfe, als zu den Depressionen noch eine Gewalterfahrung hinzukam. Familiäre Hilfe hat sie erst dann erhalten, vorher nicht. Sie berichtete anschaulich, wie sie darum kämpfte, weiter im Sozialbereich zu arbeiten, denn sie wollte als Kunsttherapeutin tätig werden. Im Rentensystem hat auch sie keine Hilfe erhalten. Über die Selbsthilfegruppe ist es ihr gelungen, „wieder ein Stück von mir selbst“ zu finden. So konnte sie ihre ebenfalls an Depressionen erkrankte Tochter begleiten und war stark genug dafür. „Ich bin in der Selbsthilfegruppe zuhause angekommen“, sagte sie. Heute ist sie ebenfalls berentet.

Auszeit finden viele Betroffen in Kliniken. So liest Ulrike Thomas ein weiteres Kapitel, in dem Tanja Salkowski ihre Klinikerfahrungen schildert: Dort können sie Kraft tanken unter Gleichgesinnten, Stärke gewinnen und in der Tagesstruktur Halt und Entlastung finden. Allerdings ist im Umkehrschluss der Erwartungsdruck von Angehörigen und Arbeitgebern nach dem Klinikaufenthalt nach Erfahrung von Ulrike Thomas zu groß. „Es ist enorm wichtig, den Erkrankten Zeit zu lassen, wieder anzukommen“ berichtet sie aus ihrer Praxis als Psychotherapeutin.

Stefanie L. erzählt, wie schwer es ist, den Partner in der Klinik zu lassen: am ersten Tag als er sich in einer Notsituation dorthin begibt, aber nicht bleiben will. Gut wird es für sie erst, als er am dritten Tag äußert, dass er froh ist, in der Klinik zu sein.

Eine Nachtaktivität im Drachenboot als Ausflug von 12 Depressionserkrankten und einer Therapeutin ist dann im Zentrum der letzten gelesenen Passage. „Ich bin gefangen von der Schönheit des Lebens“ schreibt Tanja Salkowski beim Anblick der aufgehenden Sonne über dem Wasser.

Um schöne Momente und Wünsche geht es dann auch auf dem Podium und es entsteht eine positive Atmosphäre, die zeigt, wie alle Kraft schöpfen. Tröstliche Ideen und Gedanken helfen allen dabei, die schwierigen Situationen zu bestehen. Das kann die „Schönheit der BUGA“ sein, der Gedanke „Morgen ist ein neuer Tag“ oder „Das Leben geht immer weiter“. Achtsamkeit mit sich selbst ist ein Schlüssel dabei.