Erzählcafé-Schlaganfall-28-09-2023

Wir wollen was erleben!

Einen Schlaganfall erleiden zu müssen, dürfte für die meisten Menschen eine Horrorvorstellung sein. Sylvia Spitzer und Volker Frank – beide im Vorstand der Selbsthilfegruppe (SHG) »Nie aufgeben – aktiv trotz Schlaganfall« Heidelberg mussten diese einschneidende Erfahrung machen, noch dazu in einem Alter, in dem wohl kaum jemand damit rechnet. Als der heutige Vorsitzende und Mitgründer der Selbsthilfegruppe 2004 im Universitätsklinikum Mannheim aus dem Koma erwachte, war er 35 Jahre alt. Vom Schlaganfall hatte er nichts mitgekriegt, lediglich im Vorfeld Kopfschmerzen verspürt. Ganz ähnlich war es der heutigen zweiten Vorsitzenden ergangen. Auf einer Dienstreise platzte bei der 36-jährigen ein bis dato unbekanntes Aneurysma im Kopf, eine Not-OP folgte und vierzehn Tage später der Schlaganfall. Sie sei sehr »karrieredominiert« gewesen, berichtet Sylvia Spitzer und habe die Kopfschmerzen stets ignoriert. Auch nach dem Schlaganfall sei es ihr wichtig gewesen, wieder arbeitsfähig zu werden und ihr altes Leben zurück zu bekommen.

Barbara Döbel von der Schlaganfall-Selbsthilfegruppe Ludwigshafen war als Ehefrau mit dem Ereignis konfrontiert. 1999 erlitt ihr Mann im Alter von 46 Jahren bei der Arbeit völlig überraschend einen Schlaganfall und war danach halbseitig gelähmt. Ein Verschluss der Halsschlagader hatte ihn ausgelöst. Beide schlossen sich der neu gegründeten SHG an und profitierten vom Austausch mit anderen Betroffenen und Angehörigen und der gegenseitigen Hilfe.

Gerade jüngeren Schlaganfallbetroffenen zieht ein solch dramatisches Krankheitsereignis den Boden unter den Füssen weg. »Wir waren mitten in der Familienplanung« berichtet Sylvia Spitzer und Volker Frank betont, wie zentral in der SHG Themen wie Autofahren und Wiedereinstieg in den Beruf waren. Und: Der Name der Selbsthilfegruppe ist Programm: »Wir wollen was erleben!« So kommt bei den gemeinsamen Aktivitäten auch dieser Aspekt nicht zu kurz. 45 Mitglieder hat die Gruppe, die aus dem Großraum Heidelberg kommen und zum Teil weit darüber hinaus. Auch Menschen mit anderen neurologischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose, die ähnlicher Auswirkungen haben, sind willkommen.

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Für ihre Ludwigshafener SHG wünscht sich Barbara Döbel Verstärkung. Obwohl ihr Mann kürzlich gestorben ist, will sie weiter in der Gruppe mitwirken, sind die verbliebenen Mitglieder doch auch vertraute Menschen geworden.

Mit ihrem heutigen Dasein sind Sylvia Spitzer und Volker Frank trotz noch vorhandener Einschränkungen zufrieden. Sie haben sich mit großem Engagement in das aktive Leben zurückgekämpft.

Alle drei Vertreter:innen der Selbsthilfegruppen betonen, wie wichtig es wäre, das Ereignis Schlaganfall bei der Behandlung individueller zu betrachten. Um den Bedürfnissen der Betroffenen gerechter zu werden, wäre zudem ein stärkeres Einbeziehen der Selbsthilfegruppen und ihrer umfassenden, langjährigen Erfahrung in der Behandlung sinnvoll.Collage-Erzählcafé-Schlaganfall-teil 2