Von der Powerfrau zur Patientin…
Nur eine Woche blieb Sylvia Zerech zwischen der Diagnose Brustkrebs und Operation. 2012 erkrankte sie im Alter von 50 Jahren. Auf die OP folgten Behandlungen, die nicht nur den Krebs abtöteten, sondern auch mit massiven Nebenwirkungen einhergingen. So verursachten die Bestrahlungen Verbrennungen zweiten Grades.
Erst 35 Jahre alt war Christina Evers, als sie einen Knoten in der Brust ertastete. Die Untersuchungen im Brustzentrum Neuwied ergaben schnell Gewissheit: bösartiger Tumor. Mitten im ersten Corona-Lockdown musste sich die junge Frau den äußerst belastenden Behandlungen unterziehen: Chemotherapie, Operationen, Bestrahlung und danach Medikamente, die die Östrogenproduktion blockieren und damit das Risiko von Rezidiven mindern sollen. Typische Wechseljahresbeschwerden gehen damit ebenso einher wie Gelenkschmerzen und müssen von den Patientinnen ertragen werden. »Von heute auf morgen wurde ich von der Powerfrau zur Patientin«, berichtet Christina Zerech.
Beide Betroffene sind heute im Landesvorstand der Frauenselbsthilfe Krebs – Landesverband Rheinland-Pfalz/Saarland e. V. Sylvia Zerech, die anfangs der Selbsthilfe skeptisch gegenüber stand (»Die trinken nur Kaffee und bemitleiden sich selbst.«), merkte, als sie einen Vortrag des Verbands besuchte, wie hilfreich die dort erhaltenen Informationen waren und wie gut ihr das Zusammensein mit anderen Erkrankten tat. Christina Evers schätzte vor allem den persönlichen Austausch miteinander, den sie während der Behandlung, noch dazu unter Corona-Bedingungen, so schmerzlich vermisst hatte.
Denn tatsächlich sind nach einer solchen Diagnose nicht nur die Betroffenen aus ihrem bisherigen Leben geworfen, sondern auch die Angehörigen geschockt und das eigene soziale Umfeld mit der Problematik zumeist überfordert. In der Behandlung, die für die Ärzteschaft Routine darstellt, fehlt schon mal das Feingefühl für die individuelle Frau, gerade bei der Übermittlung der Diagnose oder am Anfang der Behandlung. Und nicht selten sind es vor allem die Pflegekräfte, die dem physisch und psychisch strapaziösen Procedere als Ansprechpartnerinnen ein menschliches Antlitz geben.
Sehr positiv erlebte Christina Evers die gleichermaßen kompetente wie verständnisvolle Psychoonkologin, von der sie eine Zeitlang auf ihrem schweren Weg begleitet wurde. Heute ist die junge Frau wieder Vollzeit in ihrem Beruf tätig, auch wenn die Dauermüdigkeit und andere Nebenwirkungen der Medikamente ihren Elan mitunter bremsen. Entgegenkommen und Verständnis für ihre Situation von Seiten des Arbeitgebers helfen ihr.
Sylvia Zerech und Christina Evers sehen an etlichen Stellen Veränderungsbedarf. Eine individuellere Behandlung, bessere Aufklärung durch die Ärzteschaft und insgesamt mehr Rücksicht im Umgang mit den Betroffenen (»Wenn die Haare wieder gewachsen sind, sieht man es uns ja nicht mehr an! «) wünschen sie sich. Grundsätzlich müsste aber auch die Forschung im Bereich Vorbeugung ebenso ausgebaut werden wie die Entwicklung schonenderer Behandlungsmethoden.